A studio visit with artist Neringa Vasiliauskaitė in Munich.
Camera and edit: Julija Goyd
Music: Forgotten Plants. Where Neither Sun Nor Moon Shines Through
Curated by Monika Lipšic
Supported by Lithuanian Culture Institute, with special thanks to Rita Valiukonytė.
(Please read English interview with the artist below)
Neringa, wie gehst du bei deiner Arbeit mit deinen Ideen und Materialien um und was ist dir dabei besonders wichtig?
Ich vermische in meinen Werken inhaltlich Theorien aus Biologie und Technologie und beschäftige mich hierbei unter anderem mit den Herstellungsprozessen und den Eigenschaften der verschiedenen Materialien wie Stoff, Leder und Silikon und setze diese in einen Vergleich mit der Beschaffenheit und der „Produktion“ menschlicher Haut.
Ich arbeite grundsätzlich mit Oberflächen, die komplex und vielschichtig sind. Diese interessieren mich auch aus der psychologischen Sicht, als Ausdruck des Innenlebens einer Person oder eines Körpers. Mich interessiert, wie sich das Innenleben mit dem Außenleben zu einem Ganzen verbindet und dabei Spuren zurückbleiben.
Welche Beziehung gibt es in deiner Arbeit zwischen dem Prozess und dem Ergebnis? Ich erinnere mich daran, wie du einmal sagtest, dass Schönheit und Perfektion nicht das Gleiche sind. Wie entscheidest du, wann eine Arbeit fertig ist?
Der Prozess ist ein wichtiger Teil meiner Arbeit, da ich mich in jedem Moment umentscheiden und mir etwas anders überlegen kann, diese Freiheit genieße ich sehr.
Mit manchen Substanzen arbeite ich lieber als mit anderen, da hat jede ihre eigene ‘Macke’ und mir macht es einfach Spaß, diese zu finden und sie zu überwinden.
Aber manchmal nutze ich auch so genannte ‚assisted readymades‘. Ich kaufe Teile von verschiedenen Waren, oder schon fertige Produkte, die mir passen und nehme sie auseinander – ich dekonstruiere, um neue Konzepte zu schaffen, dem Objekt neue Bedeutungen zu geben. Ich glaube meine Arbeiten sind eine Synthese zwischen den von mir gemachten, ‘handgefertigten’ Techniken und readymades.
Das Endergebnis sehe ich immer erst ganz am Schluss beim Ausstellungsaufbau, da verwende ich oft das Eine oder das Andere, gebe ein paar Details dazu, oder nehme etwas wieder weg. Sogar die Form der Arbeit kann sich verändern, da schüttet man etwas Adrenalin aus.
Du hast vor deiner jetzigen Art zu arbeiten fünfzehn Jahre lang mit Glas gearbeitet; du kennst das Material und seine technischen Aspekte sehr gut. Was gibt dir dieses handwerkliche Wissen und wieso hast du den Weg geändert? Wie war diese Umwandlung für dich und an welchem Punkt bist du gerade?
Die Arbeit mit Glas hat mir geholfen, das Wesen anderer Materialien zu verstehen. Glas ist ein bewundernswertes Material, aber die Perfektion, die Glas mit sich bringt, ist für mich nicht unbedingt gleichzusetzen mit Schönheit. Mit Glas durfte ich mir nie Fehler leisten. Aber ich wollte Fehler machen.
Es ist mir schon manchmal passiert, dass ich in Gruppenausstellungen Kompromisse machen musste, da etwas gegenüber meiner Arbeit gehangen hat und sich in ihr gespiegelt hat. Dadurch wurde dann eine komplett andere Bedeutung erschaffen, die ich nicht kontrollieren konnte. Deshalb habe ich mich dafür entschieden, selber etwas Räumliches zu schaffen, was sich in den Flächen reflektiert. Das war für mich ein logischer Schritt. Dieses Räumliche hat mir dann so gut gefallen, dass ich damit nicht aufhören wollte und ich habe einfach weiter gemacht.
Oberflächen, Kunststoffe, Häute – wie sind diese Entitäten und die sie begleitenden Themen in deiner Arbeit entstanden und was bedeuten sie für dich? Wie gehst du mit deiner Arbeit auf die Gegenwart, den gegenwärtigen Zustand ein?
Im Jahr 2020 habe ich mit einer neuen Serie von Wandobjekten angefangen, unter der Titel „Skins“. Die Haut nimmt den Körper auf, aber auch die Umgebung, in der sie sich befindet. Dieses Endergebnis interessiert mich sehr.
Die Haut ist funktionell das vielseitigste Organ eines menschlichen oder tierischen Organismus. Sie kann sehr viele Informationen tragen, da sie eine Reflektion der Umgebung ist. Es gibt viele Bedeutungen – Schichten, die sich wie alte Geschichten überlappen. Da geht es auch um Camouflage – ich erinnere mich zum Beispiel an die Gartentischdecke meiner Oma, die mit einem künstlichen Marmormuster bedruckt war, da sie sich echten Marmor natürlich nicht leisten konnte. Dieser Moment ist für mich sehr spannend. Das Gleiche kann man auch über Fake-Haar-Extensions, oder künstliche Wimpern sagen – unsere Kleidung, unsere Masken, unsere Rollen.
Ich biete Platz für die Mehrdeutigkeit, möchte aber nicht bis zum Ende definieren, wonach das Objekt genau ausschaut. Mal kann das ein Menschenkörper sein, mal die Haut eines Tieres, oder eine modische Jacke. Es geht aber immer um die Oberfläche, die der Träger von Informationen ist.
Ich benutze die Sozialen Medien als Inspirationsquelle – da finde ich sehr interessante Sachen, vor allem Narzissmus und Selbstobjektifizierung betreffend.
Ein Gespräch zwischen Neringa Vasiliauskaitė und Monika Lipšic.
ENG
Neringa, how do you treat your ideas and materials in your work, and what is particularly important for you in this?
I combine theories from biology and technology in the content of my work. In this I engage with, among other things, the production processes and properties of different materials such as textiles, leather and silicon, setting up a comparison with human skin – how it is ‘produced’ and its composition.
Essentially, I work with surfaces that are complex and multi-layered. These also interest me from a psychological point of view – as an expression of the inner life of a person or a body. My interest is in how the inner life connects with the outer life to form a whole, and traces are thus left behind.
What is the relationship in your work between process and end result? I recall how you once said that beauty and perfection are not the same thing. How do you decide when a work is finished?
Process is an important part of my work, in that I can at any moment change my mind or rethink something; this freedom I enjoy greatly.
There are some substances that I prefer to others as materials to work with, since each has its own ’flaw’ and it simply gives me pleasure to find this and then overcome it.
But sometimes I also use so-called ‘assisted readymades’. I buy items that suit my purpose – parts for different goods, or finished products – and I dismantle them; I deconstruct to create new concepts, to give new meanings to an object. I believe my working methods here to be a synthesis of ‘handcraft‘ techniques that I have applied and the use of ‘readymades’.
The end result I never see until right at the end, when an exhibition is being put together; then I decide to use the one thing or the other, to add a few details or take something away. Even the form of the work can change as adrenaline gets released.
Before adopting your current methods, you worked for 15 years with glass, getting to know this material and its technical aspects very well. What does this specialist craft knowledge give you, and what made you change course? How was the transformation for you and what point have you currently reached?
The work with glass helped me to understand the nature of other materials. Glass is a material that one can admire – but, for me, the perfection that glass brings cannot necessarily be equated with beauty. With glass I could not allow myself to make mistakes. But I wanted to make mistakes.
It would sometimes happen in group exhibitions that I had to make compromises to allow for how my work reflected something hung opposite it. This would then crate a completely different meaning for my work, over which I had no control.
This is why I decided to create something spatial myself – something that, in its surfaces, would reflect itself. That was a logical step for me. This spatiality I found so appealing that I didn’t want to stop working with it, and so I pursued it further.
Surfaces, synthetics, skins – how did these entities and their accompanying themes come about in your work and what do they mean for you? How do you respond with your work to the present, the present situation?
This year (2020) I started a new series of wall objects with the title ‘Skins’. Skin assimilates the body but also the environment in which it finds itself. The end product interests me greatly. Skin is functionally the most multifaceted organ of a human or animal organism. It can carry a great deal of information, as it’s a reflection of its environment. There are many meanings – layers overlapping one another like old stories. The theme of camouflage comes into play, too. I remember, for example, my grandmother’s garden tablecloth, which was imprinted with an artificial marble pattern – because, of course, she couldn’t afford real marble. This moment is very exciting for me, for the same can be said about fake hair extensions or artificial eyelashes – our clothes, our masks, our roles.
I make space for a multiplicity of meanings, but I like to leave it until the very end before defining exactly what an object is going to look like. Sometimes it can be a human body, sometimes the skin of an animal, or it can be a fashionable jacket. But it is always about the surface, the carrier of pieces of information.
I use social media as a source of inspiration. I find very interesting things there, especially in relation to narcissism and self-objectification.
– Interview by Monika Lipšic, translated to English from German by Stephen Smithson.